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Berichtigungsanspruch – Artikel 16 DSGVO

Betroffenen Personen steht nach Artikel 16 Absatz DSGVO ein Berichtigungsanspruch zu. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit dem Inhalt und Umfang dieses Anspruchs, greift Praxisprobleme auf und gibt Tipps zum Umgang mit diesem Recht der betroffenen Person. In einem einführenden Video gebe ich einen Überblick in die Materie und, wenn Sie möchten, können Sie sich den Beitrag vorlesen lassen. Eben multimedial, so wie Sie es von der datenrecht.ACADEMY gewohnt sind.

Einen ersten Eindruck von der Regelung vermittelt meine Video-Kurzkommentierung zu Artikel 16 DSGVO.

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Unter den in Artikel 16 DSGVO genannten Bedingungen hat die betroffene Person das Recht, von der verantwortlichen Stelle unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger Daten (Satz 1) bzw. die Vervollständigung unvollständiger Daten (Satz 2) zu verlangen. Als passenden Erwägungsgrund können wir die Nummer 65 heranziehen.

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Wie bei allen anderem Betroffenenrechten werden die Modalitäten der Ausübung des Berichtigungsanspruchs- bzw. Vervollständigunganspruchs zuvorderst in Artikel 12 DSGVO geregelt.

Das Recht zur Berichtigung ist in der Praxis häufig dann einschlägig, wenn die ursprünglich erhobenen Daten korrekt waren, sich in Bezug auf diese aber Änderungen ergeben haben. So kann sich z. B. aufgrund einer Heirat der Nachname oder nach einem Umzug die Postadresse geändert haben.

Der Anspruch auf Berichtigung

Wenn Daten berichtigt werden sollen, dann müssen sie also unrichtig sein. Unrichtig sind personenbezogene Daten, wenn sie zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Berichtigungsrechts nicht mit der Tatsachenlage übereinstimmen. Darin liegt eine nicht unwichtige Konsequenz: Berichtigungsfähig nach Artikel 16 DSGVO sind mithin nur Tatsachen und keine Werturteile. Die Abgrenzung, was eine Tatsache und was ein Werturteil ist, kann im Einzelfall problematich sein.

Als Richtschur mag gelten, was das OLG Celle zur Abgrenzung in einem Urteil vom 25.10.2012 (Az.: 13 U 156/12) festgehalten hat:

Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (BGH, Urteil vom 22. Februar 2011 – VI ZR 120/10). Das Werturteil wird zwar nicht allein dadurch zu einer Tatsachenbehauptung, weil (...) die Bewertung auf Tatsachen beruht. Eine Tatsachenbehauptung liegt dann vor, wenn bei der Äußerung aus Sicht des Empfängers die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens gegenüber den zugrunde liegenden Tatsachen in den Hintergrund treten (BGH, a. a. O., Randnummer 11).
OLG Celle, Urteil vom 25.10.2012, Az.: 13 U 156/12

Mit drastischen Worten also: Die Feststellung “Es regnet” ist eine Tatsachenbehauptung, wenn es denn tatsächlich regnet. Während “So ein Sauwetter!” ein Werturteil darstellt.

Der Anspruch auf Vervollständigung

Unvollständig gemäß Artikel 16 DSGVO sind Daten, wenn sie zwar richtig sind, aber in Bezug auf den Zweck, für den die Daten verarbeitet werden, ein falsches Bild der betroffenen Person vermitteln. Die Vervollständigung muss also für den mit der Verarbeitung im konkreten Einzelfall verfolgten Zweck relevant sein. Befindet sich beispielsweise in den Datensätzen einer Wirtschaftsauskunftei (z. B. Schufa) ein nicht korrekt bedienter Kredit, dann ist es natürlich von Interesse, weshalb der Kredit nicht korrekt bedient wurde. Vielleicht hat der Kreditnehmer aus einem anderen Rechtsgeschäft einen Anspruch gegen den Kreditgeber und hat nun die Aufrechnung erklärt?

Was ist eine Wirtschaftsauskunftei?

Die Aufgaben einer Wirtschaftsauskunftei liegen in Sammlung, Auswertung und Mitteilung von wirtschaftsrelevanten Daten über Unternehmen und Privatpersonen. Empfänger solcher Daten sind Geschäftspartner, die daran ein berechtigtes Interesse vorweisen können. Die in Deutschland wohl bekannteste Auskunftei ist die Schufa Holding AG (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherheit). Die Dienste der Auskunfteien werden aber nicht nur bei Kreditgeschäften, sondern auch bei einer Reihe weiterer Geschäftsanbahnungen sowie für Forderungseinzüge und Kauf-, Miet- und Leasingverträge in Anspruch genommen.

Wer muss was beweisen? Die Beweislast.

Reicht es aus, die Unrichtigkeit oder die Unvollständigkeit einfach nur zu behaupten oder muss die betroffene Person die Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit beweisen? Solche Fragen werden unter dem Aspekt der Darlegungs- und Beweislast diskutiert.

Dieser Punkt ist noch nicht abschließend geklärt. Ausgehend von der allgemeinen Rechtsanwendung z. B. in Deutschland muss jeder immer das beweisen, was für ihn günstig ist. Danach müsste die betroffene Person alle Parameter der Unrichtigkeit respektive die Unvollständigkeit darlegen und beweisen. Wir befinden uns aber im Anwendungsbereich einer europäischen Rechtsverordnung und da können wir nicht einfach mit unseren deutschen Rechtsregeln daherkommen. Weiterhin ist zu bedenken, dass die verantwortliche Stelle nach den Grundsätzen der DSGVO gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d DSGVO die Richtigkeit der verarbeiteten personenbezogenen Daten sicherstellen muss. Die alleinige Übertragung der Darlegungs- und Beweislast auf die betroffene Person widerspräche vor diesem Hintergrund also den Grundgedanken der DSGVO.

Eine vermittelnde Lösung wäre es, wenn die betroffene Person lediglich Indizien für die Unrichtigkeit oder die Unvollständigkeit der Daten vortragen bräuchte und die verantwortliche Stelle müsste dann den Gegenbeweis antreten.

Frist

Die Berichtigung unrichtiger Daten muss gemäß Artikel 16 Satz 1 DSGVO unverzüglich, also ohne schuldhafte Verzögerung erfolgen. Dabei ist dem Verantwortlichen aber eine angemessene Dauer für die Prüfung einzuräumen, ob personenbezogene Daten unrichtig sind oder nicht.

Wenn wir uns an das Beispiel mit der Wirtschaftsauskunftei erinnern, dann könnte ein Zuwarten der betroffenen Person auf ein Ergebnis der abschließenden Prüfung auf Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit zu einer nervlichen Belastungsprobe werden; wahrscheinlich können in der Zwischenzeit keine neuen Kreditverträge abgeschlossen werden. Dieser misslichen Lage dient das Recht auf Einschränkung der Verarbeitung, das wir uns an anderer Stelle ansehen werden.

Ausnahmen

Der Verantwortliche kann die Berichtigung bzw. Vervollständigung verweigern, wenn der Antrag der betroffenen Person gemäß Artikel 12 Absatz 5 Satz 2 Buchstabe b DSGVO offenkundig unbegründet ist, der Antrag einen exzessiven Charakter hat oder der Verantwortliche nach Artikel 12 Absatz 2 i.V.m. Artikel 11 Absatz 2 DSGVO glaubhaft machen kann, nicht in der Lage zu sein, die anfragende betroffene Person in seinem Datenbestand bzw. den Antragsteller selbst zu identifizieren.

Außerdem können die EU und die EU-Mitgliedstaaten unter den in Artikel 23 DSGVO, Artikel 89 Absatz 2 und 3 DSGVO und Artikel 85 Absatz 2 DSGVO statuierten Bedingungen Ausnahmen vom Berichtigungsrecht festlegen.

Berichtigt bzw. vervollständigt ein Verantwortlicher Daten infolge eines Antrags der betroffenen Person nicht, muss der Verantwortliche die betroffene Person hierüber nach Maßgabe von Artikel 12 Absatz 3 DSGVO bzw. Artikel 12 Absatz 4 DSGVO informieren.

Es gilt also auch hier, dass die verantwortliche Stelle nicht einfach nichts machen kann, selbst wenn sie Gründe für eine Nichtberichtigung oder eine Nichtvervollständigung vorbringen kann. Die betroffene Person ist in jedem Fall über das Vorgehen oder eben Nicht-Vorgehen zu informieren.

Mitteilungspflicht

Nach Artikel 19 Satz 1 DSGVO ist der Verantwortliche verpflichtet, allen Empfängern – also auch Auftragsverarbeitern –, denen die von der Berichtigung/Vervollständigung betroffenen personenbezogenen Daten offengelegt wurden, die Berichtigung bzw. Vervollständigung unverzüglich mitzuteilen.

Ein in der Praxis häufig vorkommendes Beispiel sind Vergleichsportale. Wenn ein Interessent hier personenbezogene Daten eingibt, um z.B. einen günstigen Mobilfunkvertrag zu erlangen, dann werden u.U. diese Daten an Vertragspartner des Portals weitergeleitet, damit dem Interessenten eben ein solches Angebot unterbreitet werden kann. Beantragt der Interessent hernach Löschung seiner personenbezogenen Daten, dann muss das Vergleichsportal dies den angeschlossenen Vertragspartnern, denen die Daten »offengelegt« wurden, mitteilen, damit diese die Daten ebenfalls bei sich löschen. Das Unternehmen allerdings, das einen Vertrag mit dem Interessenten geschlossen hat, muss diese Daten natürlich nicht löschen, da ja jetzt der Zweck der Vertragserfüllung bedient werden will.

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Zuletzt aktualisiert am 27.03.2023 um 17:40 Uhr.
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